Sagen

Die Sage von der weißen und blauen Frau vom Zachhof

Von den Sagen, die sich in Dienten erhalten haben, handelt eine über die weiße und die blaue Frau vom Zachhof. Ritter Wolfgang von Zach hauste vor etlichen hundert Jahren auf den Zachhof und hatte zwei Töchter, von denen die eine blind war.

Beide erbten nach dem Tode des Vaters einen Schatz, den sie sich teilen sollten. Die sehende Tochter versuchte, die blinde zu betrügen; die aber kam hinter die unehrliche Absicht, und es begann ein Kampf zwischen ihnen, der nicht eher endete, bis beide Schwestern tot zu Boden sanken.

Auf dem Zachhof ist es seit dieser Zeit nicht mehr geheuer. Als Geister bewachen die Schwestern den Schatz. Man kann der weißen und der blauen Frau in der Christnacht begegnen, doch muss man reinen Herzens und ohne Sünde sein.

Erfüllt der mutige Besucher diese Voraussetzungen und ist er außerdem allein, dann zeigen ihm die Schwestern den Schatz im Hause. Doch wurden diese Bedingungen bis zum heutigen Tag noch von keinem Menschen erfüllt...

Die Beilsteinwirtsage

Vor vielen Jahren erzählte man von dem "Beilsteinwirtshaus" (später genannt Stöcklwirt) im Dorf Dienten folgende Sage:

Im Beilsteinwirtshaus ging es wieder einmal hoch her. Lustiges Dientner Volk drehte sich in Begleitung der flotten Tanzmusik. Gar mancher unter den Bergknappen, Bauern, Fuhrleuten und Holzknechten ließ seine blanken Geldstücke in der Tasche erklingen.

Die immer gefüllte Flasche geht von Runde zu Runde, und zur alkoholischen Stimmung gesellte sich schön langsam der Übermut. Da erschien unter der Tür ein stolzes, schmuckes Mädchen, von der gesprochen wird, dass sie die schönste Dientnerin sein sollte.

Voll Stolz, die Schönste der Anwesenden zu sein, schritt sie hochaufgerichtet zu ihren Freunden und Freundinnen die Tischreihen entlang, dem Bauerntisch zu. Hinten im Winkel erhob sich ein Bäuerlein und sagte: "Dirndl, möchst nit mit mir tanzen gehn, mit dir tanzert i gern, weil du bist ja so schö?" Empört gab sie dem Bäuerlein abweisend zu Antwort: "Geh hoam in dei Keuschen und tanz mit die Wanzen, bevor i mit dir geh, tua i mitn Teufl tanzen!"

Über diese frechen Worte verstummte plötzlich der Tumult im Saal. Beschämt über diesen Frevel verließ das Bäuerlein die lustige Gesellschaft. "Madl, dann gehst mit mir!", sagte plötzlich ein strammer Jäger, der von hinten auftauchte. Voll Stolz bot sie ihm den Arm zum Tanz. Der Partner warf ohne zu überlegen den Musikanten ein blanes Goldstück hin, und mit zauberhaftem Rhythmus tanzte das Mädchen mit dem Fremden durch den Saal.

Auf einmal hörte man im Saal einen lauten Schrei, Lichter erloschen und Schwefelgestank erfüllte den Raum. Grauen befiel die Gesellschaft, und der eine oder andere machte ein Kreuzzeichen. Als wieder Licht war, sah man auf dem Fußboden nur mehr die Spur des Teufels. Der Jäger mit dem stolzen Mädchen blieb für immer verschwunden. Ab dieser Zeit nannte man diesen Raum beim Stöcklwirt, auf dem der Teufelstanz stattfand, die "Teufelskammer"!

Die Sage von der Übergossenen Alm

Der Hochkönig war nicht immer so grimmig, unzugänglich und schneebedeckt, wie wir ihn heute sehen. Die Sonne schien wärmer, der Wind blies sanfter da hoch droben, statt des Gletscherfeldes schimmerte eine grüne Alm und bis ins Dientner Tal herunter hörte man das Läutern der Kuhglocken.

Aber noch andere Töne kamen von der Bergeshöhe: Lustige, dralle Sennerinnen trieben da ihr Wesen, sie lachten, sangen und feierten bei Tag und Nacht. Von den Sennern ließen sie sich die feinsten Leckereien und Weine aus Salzburg herbeischaffen. Und wie sich auf die Küche verstanden! Doch vor lauter Wohlleben wurden sie leichtsinnig und frech.

Sie pflasterten den Weg mit Käse, badeten sich in Mich und bewarfen sich mit Butter. Den Kühen hingen sie silberne Glocken um den Hals und den Stieren vergoldeten sie die Hörner. Die Leute im Dorf munkelten, die da oben hielten es mit dem Gottseibeiuns.

Eines Abends erschien auf der Alm ein alter Mann, bekleidet mit einem braunen Pilgermantel, einen Wanderstock in der Hand, den Hut tief ins Gesicht gezogen und bat gar demütig um ein Obdach. Die Sennerinnen aber lachten ihm ins Gesicht und schickten ihn fort.

Am selben Tag sammelte sich eine Wolke um den Berg, schwarz und gewaltig. Und selbst die ältesten Leute konnten sich nicht erinnern, derartiges je gesehen zu haben. Blitze zuckten um den Gipfel und der ganze Pinzgau bebte unter Donnerschlägen. Über der Alm ergoss sich eine mächtige Flut und erstarrte sogleich zu Eis. Die Teufel aber fuhren schreiend durch die Löcher der Felswand und für den Fall, dass jemand diese Geschichte bezweifelt: die Teufelslöcher kann man heute noch sehen.

Der Kesselgeist

Es war im Jahre 1882. Der Oberdacheben-Bauernsohn Jakob Laubbichler war damals noch ein kleiner Schulbub und musste eine gute Wegstunde und oft länger von der Schule nach Hause stapfen, wenn wieder Schnee auf der Straße lag. An diesem Tag lag schon fast knietief Schnee, und das kleine Büblein geriet im Kesselgraben in die Dunkelheit.

Als er zur Kesselbrücke kam, sah das Büblein gegenüber am eisigen, steilen Geschröff eine schwarze Kuh stehen. Verwundert betrachtete der Bub das Tier und ihre Keckheit und zog wieder gedankenlos seines Weges. Beim Abendessen erzählte der "Jaggl", was er auf dem Schulweg gesehen hatte. Gruselnd hörte das Gesinde zu. Jeder wusste, dass es mit dieser Kuh was Geisterhaftes auf sich hatte.

Am nächsten Tag suchte Jaggls Vater nach der Spur, aber es war keine vorhanden. Der alte Oberdachebenbauer, der Vater vom Jaggl, erzählte, als er noch ein Bursche von 16 Jahren war, dass er an einem Sonntag, als er vom Gottesdienst nach Hause ging, auf der Kesselbrücke einen Kronenwurm sah. Er wollte den Wurm erschlagen, um die Krone zu erbeuten, aber es gelang ihm nicht, der Wurm war verschwunden.

Eine uralte Sage erzählt, wer vom Kronenwurm die Krone erbeutet, der findet auch den Kessel mit dem goldenen Schatz, der im Kesselgraben vergraben sein solle. Später, so um das Jahr 1890, sah man in der nahen Umgebung des Kesselgrabens und im Dachebenmoos von Zeit zu Zeit kleine und haushohe Feuerflammen auflodern, in den Kesselgraben hinabwandern und wieder verschwinden.

Meine Mutter, die Oberdacheben-Ziehtochter war, war sogar Zeugin eines solchen Geschehens: Es war Winterszeit. Das Mädchen musste früh aus dem Bett, um den Dienstboten bei der Arbeit zu helfen. Auf einmal warf es in die Küche einen hellen Schein. Neugierig sprang sie zum Fenster, und da sah sie oberhalb des Kesselgrabens eine baumhohe Feuerflamme, die langsam hinunterwanderte zum Kesselgraben und dort wieder verschwand.

In der Adventzeit sahen die Leute, als sie mit dem Fraubild vom Niggenhäusl zum Hirschegg hinaufstiegen, beim sogenannten "Schloapfstadl" ein helles, großes Feuer brennen. Gleich waren ein paar Männer bereit, Nachschau zu halten. Als sie zum Stadl kamen, war keine Spur von einem Feuer vorhanden. Im Laufe der Zeit ließen diese Lichterscheinungen nach, und heute hört man ganz selten davon erzählen, was früher ein geisterhaftes Erlebnis der Dientner war.
(Von Franz Portenkirchner, Februar 1985)

Fuchs-Christa und seine Raubgesellen

Eine teils wahre Räuber- und Wilderergeschichte von Dienten Es war um die Zeit des 18. Jahrhunderts, da erzog man beim Fuchsbauern in Dienten zwei Brüder, wobei der ältere Christian und der jüngere Caspar hieß.

Eine damalige Dienstmagd beim Fuchsbauern war die Mutter der beiden Buben. Schon als sie noch Kinder waren, erzählte man allerhand wilde Begebenheiten der beiden Strolche. Man hieß sie nur mehr die "wilden Fuchsbuben".

Die Schule war ihnen vollkommen unbekannt, dafür brachten sie die Jugendzeit draußen in der Wildnis zu. Jedes Stück Wild wurde auf der Fährte verfolgt, um es aus der Ruhe zu scheuen. Barfuß wurden im Hochköniggebiet die verwegensten Klettertouren unternommen. Einmal gelang es ihnen, bei einer Hütte einen Vorderladerstutzen zu stehlen, und schon gings hinaus ins wilde Jagen.

Durch das immer ärger gewordene Wildererhandwerk vergaßen sie auch bald ihr Heimathaus Fuchsgut, und Tag und Nacht strolchten sie durch Wälder und Gebirge, um das Wildererhandwerk in vollem Maße auszüben. Mit dem Heranwachsen in den Reifejahren übten sie nicht nur Wilddieberei aus, es kamen auch noch Raub und Diebstahl dazu.

Dieses tolle Räuberleben gefiel auch anderen Dientnern, und bald war die Zahl zwölf voll zu einer eng verbundenen Räuberbande. Fuchs-Christa, der schneidigste und verwegenste Bursche, wurde zum Hauptmann gewählt, und es dauerte nicht lange, so hatte der ganze Unterpinzgau heillose Angst vor der verwegenen Räuberbande. Wo Beute zu haben war, dort kannten Fuchs-Christas Gesellen nicht viel Schonung, und wehe, wenn sich jemand zur Wehr setzte, dem ging es an den Hals.

Unzähliges Wild im Hochköniggebiet und Umgebung wurde einfach gestohlen. Gar manchem Jäger, der ihnen in die Hände fiel, erging es gar nicht gut. Auch im Blühnbachtal soll es so manchem Jäger durch das wilde Treiben der Bande übel ergangen sein.

Einmal, in Ober-Lend, als die Bande gerade dabei war, das "Goldschlösschen" zu plündern, erschien ein Trupp Finanzer (Polizei) und setzte die Räuber vor der großen Übermacht in die Flucht. Da die Straße besetzt war, blieb ihnen nur mehr der Weg in den naheliegenden Friedhof und über dessen Mauern hinweg offen. Gerade als Fuchs-Christa hinwegsetzen wollte, hieb im ein Finanzer die linke Hand mit einem Säbel ab. Schwer verwundet schwamm Christa durch die Salzach, und am anderen Ufer zeigte er ihnen als Spott das Lappenkreuz (beide Arme als Malzeichen vor sich haltend). Danach verschwand für längere Zeit der Räuberhauptmann, um sich mit Wildfett seine Verwundung auszuheilen.

Nach der Genesung zeigte sich der Räuberhauptmann noch gefährlicher als vorher. In seiner rechten Hand hatte er ja Kraft genug, um sich zur Wehr zu setzen. Das bewies sich einmal auf der Fuchsalm. Die Sennerin hatte heillose Angst vor der Bande und wollte ihr nicht aufmachen, obwohl sie dazu aufgefordert wurde. So ergriff Christa mit der einen Hand den vor der Hütte stehenden schweren Sautrog und schleuderte ihn mit solcher Wucht gegen die versperrte Hüttenür, dass diese aus den Angeln flog. In der Hütte ließen sie sich vom Vorhandenen das Beste schmecken, und frohgemut ging die Reise wieder weiter.

Nach seiner Genesung trug Christa am Armstummel eine Lederhülle, die er gerne hinter seinem Mantel verbarg, um nicht erkannt zu werden. An der Salzachbrücke in St. Johann im Pongau traf Christa zufällig den Beamten, der ihn zum Krüppel machte. Mit seiner Riesenkraft drückte er ihn ans Brückengeländer und stieß ihm den Lederstummel mit voller Wucht in den Mund, sodass er fast alle Zähne verlor.

Mit dem gestohlenen Wild trieb die Bande freien Handel. Ja, sie kamen sogar nach Goldegg. Gerade als die Gerichtsherren beim Mittagsmahl waren, wurde von der Bande gutes Wildfleisch angeboten. Ein Geselle war bei der Bande beteiligt, welcher der Stolz der Banditen war, er trug den Namen "Hühnerzahn". Sein Aussehen soll ausnahmsweise dünn gewesen sein, dafür aber umso länger. Wenn er im dunklen Wald stehenblieb, konnte ihn kaum einer von einem Baumstumpen unterscheiden.

Absichtlich ließ sich "Hühnerzahn" fangen und fesseln, aber es blieb nicht lange dabei. Ein geübter Wickler, und schon war der Geselle frei und verschwunden. Nicht immer haben Fuchs-Christas Gesellen Übles getan. Armen Leuten schenkten sie Wildfleisch, dafür aber verlangten sie geheime Unterkunft im Winter.

Eine lustige Begebenheit erzählte man, als Fuchs-Christa einem ahnungslosen Kraxenträger die Ware von Bendl über die Walreiter nach Dienten trug: Allein würde er sich keinesfalls hineinwagen nach Dienten, weil er sich vor Fuchs-Christa und seiner Bande so fürchte. Ein wenig außerhalb Feroli stand damals ein Gasthaus, das sogenannte Schwefelhäusl, dort kehrten beide ein.

Christa zahlte dem Händler ein Bier und ein Weinbeerweckerl. Während des Gespräches meinte der Händler, dass es wohl höchste Zeit wäre, Fuchs-Christa und seine Bande an den Galgen zu hängen, sodass ein geplagter Händler in Ruhe wieder seines Weges fahren kann. Daraufhin zog Fuchs-Christa seine Hand mit dem Lederstummel hinter dem Mantel hervor.

Der arme Kraxenträger ist einfach vor Schreck vom Stuhl gefallen. Fuchs-Christa lächelte nur und zog befriedigt seines Weges. So trieb es die Bande einige Jahrzehnte, bis einige von ihnen im Jahre 1833 ein grausames Schicksal ereilte. Fuchs-Caspar, der Bruder von Christian, Philipp Rohrmoser, Bauer zu Laaberg, und Bartlmä Kendlbacher gingen durch die Teufelslöcher gegen Blühnbach hinüber, um Bartgemsen zu jagen.

Sie kamen in einen wütenden Schneesturm. Einer ist in die Seichenklamm von einer Lawine hinabgerissen worden, die anderen zwei sind erfroren. Fuchs-Caspar wurde an einem Felsen lehnend mit einem Stück Brot in der Hand tot aufgefunden. Mit einem zweimal gebrochenen Fuß schleppte er sich noch an seine Todesstelle.

Fuchs-Christas Haupt war durch sein hohes Alter schon weiß geworden, aber seine Riesenkrft hatte ihn noch nicht verlassen, das bewies er, als er vom Gottesdienst entlang des Kesselgrabens zum Hirschegg ging, wo er als Einleger in der Tennkammer eine Unterkunft hatte.

In dieser Zeit waren Dienstboten vom Deutingbauern aus Saalfelden im Kesselgraben tätig, um den Almweg zu richten. Als Fuchs-Christa bei der Heimreise vorbeiging, warf ihm ein Saalfeldner Hagmoa ein paar spöttische Worte hin; dieser antwortete mit einem kräftigen Schlag mit dem Lederstummel, dass der Hagmoa längs im Graben lag. Lange mussten sich die Saalfeldner von den Dientnern den Spottvers anhören: "Um den Saalfeldner Hagmoa braucht sich koana reißen, tuan sgar die Deantna Anleger ins Wasser schmeißen."

Als Einleger wollte Christa von seiner Vergangenheit nichts mehr wissen. Er besuchte in Dienten fast täglich den Gottesdienst, und einsam und verlassen ist er in Hirschegg dann gestorben. In den Bauernstuben erzählte man noch lange vom Fuchs-Christa und seiner Räuberbande. Von einem uralten Lied ist sogar noch eine Strophe geblieben:
"Jetzt ist da Fuchs-Christa g’storb’n Und seine Knecht, jetzt könnt i Fuchs-Christa werd’n, des wär mir recht."